Tagesworkshop des Fraunhofer IFF und der Hochschule Anhalt in Magdeburg
Verschiedenste Verwendungsmöglichkeiten von 3D-Visualisierungen wurden am 18. März 2022 vom Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung gemeinsam mit der Hochschule Anhalt vorgestellt. Der Workshop zum Thema Technologien der Virtuellen und Augmentierten Realität (VR, AR) für einen bevölkerungszentrierten Strukturwandel wurde im Rahmen des Sachsen-Anhalt-Projektes „Neues Europäisches Bauhaus“ initiiert.
Nach einer kurzen Einführung zur Bedeutung und Definition der Virtuellen sowie Augmentierten Realität, wurden die Vorgehensweisen zur Erstellung von computerbasierten 3D-Modellen detailliert erläutert. In diesem Zusammenhang präsentierten das Fraunhofer IFF und die Hochschule Anhalt relevante Ergebnisse aus aktuellen Projekten. Dabei standen insbesondere die automatisierte Objektgenerierung aus unterschiedlichen Geodaten im Mittelpunkt, da mit den digitalen Informationen zur Erdoberfläche Modelldaten als Grundlage für VR-/AR-Visualisierungen schnell und aufwandsarm erzeugt werden können.
Verschiedene Anwendungsbeispiele wurden im Vorfeld speziell für die Bedürfnisse des Workshops aufbereitet und die zahlreichen Projektrealisierungen gaben den TeilnehmerInnen einen ersten Überblick auf vorhandene Einsatzmöglichkeiten der VR-/AR-Modelle.
Abbildung 1: Anwendungsbeispiele des Fraunhofer IFF und der Hochschule Anhalt im Bereich „VR-/AR und Partizipation“
Die in unterschiedlichen Projekten über viele Jahre gewonnenen Erkenntnisse – besonders im Bereich des Ausbaus und der Aufrechterhaltung von Energieinfrastrukturen – zeichnen die Expertise im Bereich „VR-/AR und Partizipation“ aus. Darüber hinaus wurde gezeigt, dass virtuelle 3D-Modelle in urbanen Planungs- und Sanierungsprozessen, zur Dokumentation von Entwicklungsmaßnahmen sowie bei der Vermarktung von Wirtschaftsquartieren Sachen-Anhalts eingesetzt werden können. Außerdem sind anhand eingängiger Visualisierungen und dem direkten Dialog mit allen Beteiligten die persönlichen Auswirkungen des regionalen Strukturwandels besser auszuweisen und bewertbar.
Die in den Projekten genutzten virtuellen 3D-Modelle können zukünftig je nach Bedarf oder Anwenderkreis mit unterschiedlichen Präsentationstechnologien für den Dialog zwischen allen Beteiligten eingesetzt werden. So wurden auch im Rahmen des VR-/AR-Workshops verschiedene Präsentationstechnologien für die Vorstellung der Beispielapplikationen verwendet, um den TeilnehmerInnen ein Eintauchen in die virtuelle Welt und somit eine Bewertung zu ermöglichen. Nicht nur Tablet, Laptop oder Beamer kamen dabei zum Einsatz, auch 3D-Fernseher oder Projektionssysteme konnten von den TeilnehmerInnen in Augenschein genommen werden: Es fand ein Ausflug in die 360-Grad-Rundprojektion „ElbeDome“ statt, in welcher verschiedenste Anwendungsbeispiele wie VR-Brillen oder Großprojektion präsentiert und getestet wurden.
Abbildung 2: Impressionen aus dem ElbeDome
Der zweite Teil der Veranstaltung war durch einen intensiven Austausch der einzelnen Workshop-TeilnehmerInnen geprägt. Auf Grundlage der gewonnen Erkenntnisse wurde gemeinsam mit den ExpertInnen erörtert, wie und wo partizipative VR-/AR-Methoden in Zeitz und Sachsen-Anhalt sinnvoll adressiert werden können. Im Ergebnis ließen sich drei Einsatzgebiete identifizieren, welche im Dialog weiter detailliert wurden:
(1) Identifikation von möglichen Umbauobjekten,
(2) die frühzeitige und umfassende Aktivierung der Öffentlichkeit im Rahmen der Planung und
(3) die Realisierungsphase.
1. 1. Identifikation von möglichen Umbauobjekten
Zu Beginn ist es wichtig zu prüfen, welche Immobilien in der Zeitzer Region im Fokus der Sanierungs- und Umbauprozesse stehen und über ein hohes Konfliktpotential verfügen. Solch ein Konfliktpotential kann immer dann vorliegen, wenn die Beteiligten unterschiedliche Vorstellungen zur Projektauswahl, -realisierung und Variantenfestlegung haben. Nur wenn aus der eingesetzten Technologie signifikante Prozessverbesserungen zu erwarten sind, kann der Einsatz der VR-/AR-Methoden sinnvoll sein. Dazu ist im ersten Schritt zu prüfen, ob für das ausgewählte Objekt eine gemeinschaftliche Beteiligung der Bevölkerung mit der Projektrealisierung möglich ist. Außerdem ist vorab zu klären, ob es verschiedene Varianten von Planungsobjekten gibt. Können Planungsvarianten gemeinsam mit der Bevölkerung erarbeitet werden? Ist der Einsatz von VR-/AR-Technologie sinnvoll und möglich? Wenn dann eine partizipative Vorgehensweise bei einem Umbauobjekt gegeben ist, besteht die Möglichkeit einzelne Maßnahmen herauszuarbeiten, zu bewerten und zu priorisieren.
Ein solcher methodischer Ansatz, insbesondere wenn er unter der frühzeitigen Integration der Öffentlichkeit geschieht, stellt nicht nur die effektive Mittelverwendung sicher, sondern adressiert eine partnerschaftliche Beteiligung für einen bevölkerungszentrierten Strukturwandel in Zeitz und der gesamten Region.
2. Frühzeitige und umfassende Einbindung der Öffentlichkeit – Bevölkerung als aktiver Teil des Projektes
Wesentlich ist, die Bevölkerung zeitnah in die Planungsphasen zur Umgestaltung der Region einzubinden. Information, Kommunikation und Partizipation bauen Hemmschwellen ab, vermitteln notwendige Entscheidungsgrundlagen und lassen die Menschen ihr eigenes Umfeld mitgestalten. Dies ist nicht nur ein moderner, gemeinschaftlicher Ansatz, sondern führt nachweislich zu weniger Barrieren im Gesamtverlauf der einzelnen Projekte.
Mittels der Durchführung von Events oder Umfragen bzgl. adressierbarer Zukunftsbilder können die Sachsen-AnhalterInnen direkt angesprochen und in den Gesamtprozess integriert werden. Aber auch schnell zugängliche Beiträge im Internet bspw. unter Einbezug von QR-Codes oder ein webfähiges System zur Variantenerstellung und -präsentation von Umbauobjekten in Zusammenhang mit einer anschaulichen 3D-Visualisierung können eine weitreichende Beteiligung der Öffentlichkeit ermöglichen. Flankiert von Querverweisen und mit Verlinkung zu anderen Plattformen oder Veranstaltungen sind solche Internetauftritte eine Basis für eine weitreichende Partizipation der Bevölkerung.
3. Realisierungsphase
Im Rahmen der Realisierung sollten die gewonnenen Erfahrungen und Synergien der vorhergehenden Phasen einfließen, um die Beteiligung aller Projektpartner und der Bevölkerung nachhaltig zu ermöglichen. So kann bspw. eine Dokumentation der einzelnen Bauschritte mit AR-/VR-Technologien erfolgen und damit eine fortlaufende Kommunikation zu Baufortschritt und wichtigen Projektkennzahlen realisiert werden. Außerdem sind weitere Anwendungsfälle im Kontext eines kommunalen Informationssystems denkbar, wie die Erfassung des Baumbestands, die Dokumentation von Straßenschäden und deren Reparatur oder auch Informationen zur Müllabfuhr. Solch eine Informationsplattform wird zukünftig einen verstärkten Fokus auf Kommunikation sowie Information (bspw. mittels Zustandsvisualisierungen) erfahren und die transparente Vermittlung lässt die Öffentlichkeit intensiv am Bauprojekt teilhaben. Somit können die zuvor erarbeiteten partizipativen Prozesse konsequent fortgeführt werden.
Nach einem intensiven und erfolgreichen Workshop stellten die TeilnehmerInnen gemeinsam fest, dass vor allem aufgrund der modernen, technologischen Möglichkeiten und der Diversität der TeilnehmerInnen eine ideale Basis für einen bevölkerungszentrierten Strukturwandel gegeben ist. Durch die Überführung der aktuellen Situation vor Ort in die virtuelle Welt können faktenbasierte Gespräche zur gemeinsamen Umgestaltung der Region mit allen Beteiligten entstehen. Kombiniert mit unterschiedlichen Planungsvarianten und unter Einsatz verschiedenster Interaktionstechniken, wie Sichtbarkeitsanalysen, Verwendung von Ausgleichmaßnahmen oder Messungen liegen innovative Lösungen nahe. Vor allem die Verwendung von virtuellen 3D-Modellen zur Information, Kommunikation und Partizipation schafft neue Grundlagen für einen gemeinsamen Strukturwandel mit der „Initiative für ein Neues Europäisches Bauhaus” in Sachsen-Anhalt.